Aktionärbindungsvertrag

12. Juni 2025 | Finanzen & Vorsorge, Treuhand, Unternehmensberatung

Ein Aktionärbindungsvertrag (ABV) ist ein privatrechtlicher Vertrag zwischen Aktionären einer Aktiengesellschaft (AG), der über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten der Aktionäre regelt. Er dient dazu, die Zusammenarbeit und das Verhältnis der Aktionäre untereinander zu gestalten.

Was ist ein Aktionärbindungsvertrag

Die einzige gesetzliche Pflicht eines Aktionärs in der Schweiz besteht in der Bezahlung des Ausgabebetrags der gezeichneten Aktien. Ein Recht den einbezahlten Betrag zurückzufordernd gibt es nicht. Weitere Leistungspflichten können weder durch Gesetz noch durch die Statuten auferlegt werden. Um dennoch zusätzliche Bindungen und Verpflichtungen zwischen den Aktionären zu schaffen, wird ein Aktionärbindungsvertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag ist nicht gesetzlich geregelt und unterliegt der Formfreiheit, kann also schriftlich oder mündlich geschlossen werden, wobei in der Praxis meist die Schriftform gewählt wird.

Der ABV wirkt nur zwischen den Vertragsparteien und nicht gegenüber der Aktiengesellschaft selbst wie beispielsweise ein Arbeitsvertrag oder die Statuten. Das bedeutet, dass ein Aktionär auch gegen den ABV verstossen kann, ohne dass seine Stimmabgabe an der Generalversammlung ungültig wird. Allerdings kann eine Vertragsverletzung Schadenersatzansprüche oder die Geltendmachung einer Konventionalstrafe nach sich ziehen.

Inhalt eines Aktionärsbindungsvertrag

Die Vertragsparteien sind bei der inhaltlichen Gestaltung grundsätzlich frei, solange der Vertrag nicht gegen zwingende Gesetzesvorschriften, die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder das Persönlichkeitsrecht verstösst

Typische Inhalte eines ABV sind:

    • Vertragsparteien und Präambel: Festlegung, wer Vertragspartner ist (natürliche oder juristische Personen) und Ziel des Vertrags.
    • Vertragsdauer und Kündigung: Regelungen zur Laufzeit, meist 10 bis 15 Jahre, mit Verlängerungsoptionen und Kündigungsmodalitäten.
    • Aktienübertragung: Vorkaufsrechte, Kaufrechte, Mitverkaufsrechte und -pflichten, Übertragungsbeschränkungen, Sperrdepots für Aktien.
    • Stimmrechtsbindung: Verpflichtung der Aktionäre, ihre Stimmen an der Generalversammlung einheitlich oder in bestimmter Weise abzugeben, um Blockaden oder Konflikte zu vermeiden.
    • Treuepflichten und Konkurrenzverbote: Verpflichtungen zur Loyalität gegenüber der Gesellschaft und Verbot von Konkurrenzgeschäften.
    • Finanzierung und Dividenden: Regelungen zu Kapitalnachschüssen, Darlehen und Dividendenpolitik.
    • Organisation und Geschäftsführung: Bestimmungen zur Wahl und Zusammensetzung des Verwaltungsrates, Beschlussfassungen, Vetorechte und Patt-Situationen.
    • Konventionalstrafen: Sanktionen bei Vertragsverletzungen, um die Einhaltung des ABV zu gewährleisten.
    • Nachfolgeregelungen: Bestimmungen für den Fall von Tod oder Handlungsunfähigkeit eines Aktionärs.
    • Gerichtsstand und salvatorische Klausel: Rechtliche Rahmenbedingungen für Streitigkeiten und Vertragsfortbestand bei Unwirksamkeit einzelner Klauseln

    Warum ist ein Aktionärbindungsvertrag sinnvoll?

    Da die Aktiengesellschaft als Kapitalgesellschaft primär auf den Kapitaleinsatz der Aktionäre ausgerichtet ist, fehlen gesetzliche Möglichkeiten, um die Aktionäre stärker personenbezogen zu binden. Der ABV schließt diese Lücke, indem er individuelle Rechte und Pflichten schafft, die das Verhältnis der Aktionäre untereinander regeln und das Unternehmen vor unerwünschten Aktienverkäufen oder Konflikten schützen. Er trägt so zu einer stabilen und kontrollierten Unternehmensführung bei.

    Praxistipps

    • Ein ABV sollte stets individuell auf das Unternehmen und die Aktionärsstruktur zugeschnitten sein. Standardvorlagen können zu Konflikten führen.
    • Die Laufzeit sollte nicht „ewig“ sein, da übermässige Bindungen gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen können. Üblich sind 10 bis 15 Jahre mit Verlängerungsoption.
    • Vor Abschluss ist eine juristische Beratung empfehlenswert, um die rechtlichen Rahmenbedingungen und die optimale Vertragsgestaltung zu gewährleisten4.
    • Der ABV ersetzt nicht die Statuten, sondern ergänzt sie durch zusätzliche Vereinbarungen zwischen den Aktionären

    Zusammenfassung

    Ein Aktionärbindungsvertrag ist somit ein flexibles und wirkungsvolles Instrument, um die Zusammenarbeit der Aktionäre einer Aktiengesellschaft in der Schweiz rechtlich verbindlich zu regeln und dabei über die rein kapitalbezogenen Rechte hinauszugehen. Er schafft Klarheit, Sicherheit und Verbindlichkeit zwischen den Aktionären und unterstützt eine stabile Unternehmensführung

     

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